Haushaltsrede der Fraktion 2024

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Vertreter*Innen der Verwaltung,
liebe Ratskolleg*Innen,
liebe Zuhörer*Innen und nicht zuletzt
ein herzlicher Gruß an den Vertreter der Presse,

heute stehe ich vor Ihnen, um im Namen meiner Fraktion Stellung zum Haushaltsentwurf 2024 zu nehmen. Dieser Haushaltsentwurf ist, wie unser Kämmerer treffend bemerkte, von historischem Ausmaß. Mit einem Defizit von über 4 Millionen Euro läutet er hoffentlich nicht die Zeitenwende zur Haushaltssicherung ein.

Es ist daher an der Zeit, offen und ehrlich über die Defizite in unserem Haushalt zu diskutieren und die Frage aufzuwerfen, ob neue Baugebiete in der geplanten Größenordnung und zu den veralteten Bebauungsplänen in Zeiten hoher Zinsen und Inflation noch zeitgemäß sind. Unsere Gemeinde steht vor finanziellen Herausforderungen, die nicht ignoriert werden können. Haben wir tatsächlich alle alternativen Flächen ausreichend geprüft oder uns vielleicht doch zu schnell für die in der Umsetzung befindlichen Baugebiete entschlossen? Vielleicht sollten wir auch mehr Kraft und Anstrengung in die Revitalisierung bestehender Wohngebäude stecken und Anreize für die Eigentümer schaffen, diese zu sanieren und später dem Wohnungsmarkt zuzuführen, umLeerstände zu vermeiden. Ein von uns in ähnlicher Form gestellter Antrag hat der Rat vor vielen Jahren einmal abgelehnt. Zu einer nachhaltigen Gemeindeentwicklung gehört mehr als immer nur neue Baugebiete zu entwickeln. Wir müssen die Bedürfnisse aller Menschen im Focus behalten und sicherstellen, dass unsere Entscheidungen langfristig das Wohlergehen aller unterstützen.

Unser Wunsch ist seit vielen Jahren, den Bedürfnissen aller Einwohner unserer Gemeinde innerhalb eines Baugebietes gerecht zu werden, nur Ein bzw. Zweifamilienhäuser allein sind nicht die Zukunft unserer Gemeinde. Wir sind uns alle einig, dass viele junge Menschen gerne in der Gemeinde bleiben möchten, aber ohne entsprechenden Wohnraum in Form von Wohnungen ist dies nicht möglich und eine Abwanderung erfolgt. Des Weiteren sind wir uns auch einig, dass es Wohnraum für die Generation 60 + geben muss, denen ihr Einfamilienhaus mit Garten zu groß geworden ist und eine barrierefreie Wohnung geeigneter erscheint. Ein Auszug ist aufgrund der nicht vorhandenen Wohnungen nicht möglich und nicht zuletzt aus diesem Grunde verbleiben viele in den viel zu groß gewordenen Häusern. Wir sind davon überzeugt, dass es in jedem Baugebiet auch Raum für barrierefreie Mehrfamilienhäuser eventuell mit der Option von Eigentumswohnungen geben sollte. Gerade in diesen unsicheren Zeiten, die gepaart sind mit einer Zurückhaltung im Bausektor sollte es eine Aufgabe der Verwaltung sein, Investoren in die Gemeinde zu holen, die für Wohnraum sorgen können. Nur dann ist die hohe Summe von über 3 Millionen Euro für den Grunderwerb, die den gemeindlichen Haushalt stark belastet und für den Kassenkredite aufgenommen werden müssen, auch gerechtfertigt und vertretbar.

Wir haben uns einmal die Mühe gemacht und im Groben recherchiert, wie viele baureife Grundstücke im Gemeindegebiet noch von privaten Eigentümern vorgehalten werden. Hier handelt es sich um weit über hundert. Wir sind uns darüber bewusst, dass die Kommune keinen Einfluss hierauf hat und niemanden zu einer Veräußerung bewegen kann. Wir stellten aber auch fest, dass viele dieser baureifenGrundstücke aus den in den letzten 50 Jahren erschlossenen und mit einem B-Plan versehenen Baugebiet stammen. Daraus resultiert, dass die Gemeinde Bauland für alle Interessierten der Gemeinde schaffen wollte, jedoch viele Grundstücke durch die Alteigentümer nicht dem Markt zugeführt werden und als Geldanlage dienen. Wir möchten deshalb einmal eine offene Diskussion darüber anregen, ob diese Grundstückseigentümer nicht auch innerhalb einer Frist von z. B. 15 Jahren das Grundstück bebauen oder im Umkehrschluss veräußern sollten. Für Käufer gemeindlicher Baugrundstücke gelten ja ebenfalls Fristen.

Wir lehnen aufgrund der zuvor genannten Gründe den Erwerb von Grundstücken und die Weiterverfolgung neuer Baugebiete grundsätzlich so lange ab, bis endlich innovative Bebauungspläne entwickelt werden. Schon viele Jahre führen wir dies Forderung in unserer Haushaltsrede an, bisher gab es jedoch noch kein Treffen, indem mit der Verwaltung und den Fraktionsspitzen der anderen Parteien hierüber beraten wurde.Diesen Umstand bedauern wir zutiefst.

Schauen wir uns nun noch einmal die weiteren Ausgaben an und wägen ab, ob diese tatsächlich notwendig sind. Den größten Batzen stellt hier mit 7.583.200 Euro die Kreisumlage dar. Wovon über 3 Millionen schon die Mehrbelastung für das Jugendamt darstellt. Dieser Betrag erhöht sich stetig von Jahr zu Jahr. Zu der Problematik hat unser Kämmerer in seinen Ausführungen bereits ausführlich Stellung bezogen und erklärt,wie hilflos wir als kleine Gemeinde hier sind und leider keinen Einfluss auf diese haben.

Das schlimme an diesem Haushalt ist deshalb nicht unbedingt die Höhe der Neuverschuldung, sondern dass es sich bei den Ausgaben zumeist um Pflichtausgaben handelt und nicht um solche, die wir als Gemeinde selbst steuern könnten. Allein die Ausgaben aus dem Bereich der Tiefbauarbeiten und hier handelt es sich zu einem erheblichen Teil um Kanalsanierungsarbeiten, die dringend notwendig und nicht mehr verschoben werden können, belaufen sich auf über 4 Millionen Euro.

Wir glauben daher, dass die Aufstellung des Haushaltsentwurfs Herrn Blank einige schlaflose Nächte verursacht hat, da es kaum Handlungsspielräume gibt.

Schauen wir uns nun die Einnahmeseite an. Hier fehlen aufgrund des im Referenzzeitraums extrem gestiegenen Gewerbesteueraufkommen, der jedoch ein Einmaleffekt war, Schlüsselzuweisungen in enormer Höhe. Im Jahr 2024 erhält die Gemeinde nur noch rund 585.000 Euro anstelle des im Vorjahrs noch erhaltenen 1.709.400 Euro. Dies hat, wie Herr Blank treffend erwähnte, mit Verteilungsgerechtigkeit leider nichts zu tun. Zum Glück können wir ab dem kommenden Jahr wieder mit höherenSchlüsselzuweisungen rechnen, da der Sondereffekt dann verpufft ist.

Eine relativ sichere Einnahmequelle sind die Einnahmen aus der Grundsteuer A und B, wobei letztere im Jahr 2026 um 120 Punkte angehoben werden soll, um dadurch Mehreinnahmen in Höhe von 400 TE zu erzielen. Inwieweit die Grundsteuer C ab 2025 eine relevante Größe sein könnte, wird im Haushaltsentwurf nicht dargestellt und auch nicht erwähnt, ob die Gemeinde Waldfeucht von der Möglichkeit der Einführung dieser Steuer Gebrauch machen möchte. Wir könnten uns vorstellen, dass eine Einführung dieser Steuer, die der Gesetzgeber ab 2025 den Kommunen als Möglichkeit bietet, eventuell einen Einfluss auf die Veräußerung von baureifen Grundstücken haben könnte. Kurz zur Erklärung: „Ab 2025 besteht die Möglichkeit, unbebaute baureife Grundstücke durch einen gesonderten Hebesatz für die Bebauung zu mobilisieren. Die Grundsteuer C muss von den Kommunen in eigener Regie – unter Berücksichtigung der in § 25 Abs. 5 GrStG(Grundsteuergesetz) genannten Voraussetzungen – festgesetzt und erhoben werden.“(Quelle: Ministerium der Finanzen des Landes NRW) Durch die Einführung dieser Steuer würden wir unsere Einnahmeseite wieder um einen Schritt verbessern.

Generell sehen auch wir auf der Einnahmeseite wenig Einflussnahme, um tatsächlich einen ausgeglichenen Haushalt darstellen zu können. Frische und innovative Konzepte, wie wir die Einnahmeseite verbessern können, werden dringend benötigt. Ohne neue Impulse werden wir die Herausforderungen diese Zeit nicht bewältigen können. Ein weiter so, darf es nicht geben.

Aufgrund der seit Jahren von uns aufgezählten Vorschläge, die jedoch ignoriert wurden, werden wir in diesem Jahr den Haushalt ablehnen. Die hohe Schuldenlast ohne Perspektive einer Verbesserung, können wir nicht mittragen und unseren Kindern und Enkelkindern hinterlassen. Gerade in Zeiten gestiegener Zinsbelastung ist dies aus Generationsgerechtigkeitssicht nicht zumutbar.

Trotz aller negativer Aspekte, die vornehmlich den diesjährigen Haushaltsentwurf betreffen, sind wir sehr froh, in einer Gemeinde zu leben, in der nur demokratische Parteien im Rat vertreten sind. Wir hoffen, dass dies auch nach der Kommunalwahl 2025 der Fall sein wird und danken schon einmal den Wählern der Gemeinde für das Vertrauen in die demokratischen Parteien.

Des Weiteren möchte ich hier nicht unerwähnt lassen, dass wir als demokratische Parteien in der Sache sehr wohl streiten und diskutieren. Dies Soll und Muss so sein, diese „Streitkultur“ ist aber immer losgelöst von den Personen zu sehen. Zu einer gesellschaftlichen Weiterentwicklung gehört ein respektvoller Umgang miteinander aber auch eine Kultur, der offenen Diskussion und dem Austausch von Meinungen. Wir sind der Auffassung, dass uns dies in der Gemeinde Waldfeucht ganz gut gelingt und hoffen, dass wir so unsere Gemeinde auch in Zukunft weiter entwickeln können.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

Birgit Frenken
Fraktionsvorsitzende

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